Voller Einsatz: Mittelfeldroutines Melanie Leupolz (Mitte) und Sydney Lohmann (re.) unter Beobachtung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.
© Michael Memmler
Die deutsche Nationalmannschaft ist in Australien gelandet, das WM-Quartier im Campo Wyong knapp 100 Kilometer von Sydney entfernt ist bezogen und die Vorfreude ist riesig, nicht nur bei den Spielerinnen. Doch obwohl man als FIFA-Weltranglisten Zweite in diese Weltmeisterschaft geht und damit eigentlich wenigstens die Gruppenphase komfortabel überstehen sollte, warten in den ersten drei Spielen durchaus einige Herausforderungen auf unsere Mädels. Besonders, nachdem die Form der Mannschaft in den letzten Testspielen eher zu wünschen übrig ließ.
Mit Marokko wartet am ersten Spieltag (24.07.23 um 10.30 Uhr, live im ZDF) eine auf Weltranglistenplatz 72 platzierte vergleichsweise schwache Mannschaft. Mit dem Erreichen des Finals des Afrika-Cups 2022 konnten die Marokkanerinnen zum ersten Mal ein WM-Ticket lösen und gehen somit ohne großen Druck, dafür aber mit einer eingespielten und hochmotivierten Mannschaft in das Turnier. Trotzdem bleiben sie der Underdog der Gruppe. Deutschland kann sich hier noch ins Turnier spielen und einen guten Einstieg haben, muss jedoch aufpassen, nicht zu leichtherzig in die Partie zu gehen.
Eines haben die Kolumbianerinnen vor Start der WM klargestellt: sie zu bespielen wird nicht nur taktisch eine Herausforderung, sondern insbesondere in Sachen Körperlichkeit. Nicht einmal zwei Wochen ist es her, da brach das irländische Team ein unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindendes Testspiel gegen Kolumbien ab. Grund war die zu harte Spielweise der Kolumbianerinnen, die bei den Irinnen zu große Angst vor Verletzungen so kurz vor dem Turnier hervorrief. Deutschland muss sich also nicht nur taktisch überlegen, wie sie die Zweitplatzierten der Copa America bespielen werden, sondern insbesondere wie sie der körperlichen Stärke und Dominanz des Gegners begegnen.
Südkorea kann wohl zweifelsohne als zweiter Kandidat fürs Weiterkommen neben Deutschland gehandelt werden. Die Weltranglisten 17. verfügen immerhin über fünf Spielerinnen, die in internationalen Topligen spielen, und einige sehr erfahrene Akteurinnen. Ihr bestes WM-Ergebnis war bislang das Erreichen des Achtelfinals 2015, ein Weiterkommen darüber hinaus wäre wohl ein großer Erfolg fürs Team. Probleme können sie den Deutschen insbesondere mit ihrer Wendigkeit und Spielidee bereiteten, sind sie doch bekannt für taktische Disziplin und wendiges Auftreten.
"Die Qualität ist hoch und der Ball läuft extrem gut." So beschreibt Alexandra Popp die derzeitige Leistung und Einstellung ihrer Mannschaft kurz vor dem Start der WM in Australien und Neuseeland. Sie spricht auch von Emotionalität, eine große Stärke des Teams von Martina Voss-Tecklenburg, wie sich spätestens bei der Europameisterschaft in England im Jahr 2022 gezeigt hat. Es sind eben diese Stärken - die Spielweise, Leistungsstärke, Konzentration, Ballbehandlung und Leidenschaft - die das deutsche Team zu Hochtouren auflaufen lässt und für Gegnerinnen nur schwierig zu bespielen sind. Und dennoch haben sich gerade in jüngster Vergangenheit auch Schwächen in den Reihen des deutschen Spiels aufgetan. Gerade im Abschluss vor dem Tor, läuft es in Spielen und im Training nicht immer optimal, man könnte fast sagen, dass die Mannschaft hier schleunigst besser werden muss, wenn es bei der WM klingeln soll im gegnerischen Tor. Dennoch sei, so Popp, die Mannschaft auf einem sehr guten Stand. Auch der Umstand, dass Deutschland erst am Montag ins Turnier startet, gibt noch genügend Zeit, um alle Schwächen auszubügeln und auch vor dem Tor eiskalt zu sein.
Die Erwartungshaltung ist also klar: Deutschland sollte Gruppenerster werden, mindestens aber die K.O.-Runde erreichen. Alles darunter wäre, wie es bei den Männern hieß, enttäuschend und weit unter den Möglichkeiten. Die Chacen, dass die Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg in den ersten Spielen noch ins Turnier finden kann, sind durchaus gegeben, unterschätzen sollte man die Gruppe deshalb aber keinesfalls. Auch das haben die Männer bereits zu genüge vorgemacht und ausprobiert.
Und schlussendlich ist es dann doch der Geist der Mannschaft, den wir schon von der EM 2022 aus England kennen, der das DFB-Team Großes erreichen lässt und die Klasse sowie den Zusammenhalt auf den Platz bringt. Zusammen fassen lässt jener sich nicht nur unter dem Begriff der Spielfreude, sondern vor allem durch Alex Popp: "Ich hab schon Bock auf die WM."