Show oder Sport?

Jonathan Krech • 25. Februar 2021

Was die Frauen im Fußball anders machen als ihre Kollegen

Bayerns Viviane Asseyi im Zweikampf mit Essens Lena Ostermeier.                                                                                                Ⓒ Michael Gehrmann, SGS Essen 


Asseyi geht auf der linken Außenbahn ins Dribbling, Räcke versucht sie an der Strafraumkante zu stellen, Asseyi mit dem Übersteiger – ZACK – vorbei. Jetzt noch an Ostermeier vorbei, dann hat sie freies Schussfeld… ein leichter Kontakt und Asseyi geht zu Boden. Foul! Elfmeter! Doch die Schiedsrichterin pfeift auf Abstoß. Die Spielerin steht auf und das Spiel geht weiter.


Ungewohnt? Tja, das könnte daran liegen, dass es solche Szenen im Männerfußball kaum noch gibt. Zumindest nicht mit diesem Ergebnis. Man stelle sich vor Neymar wäre anstelle von Viviane Asseyi vom FC Bayern angetreten, der wäre sicherlich etwas weiter geflogen und hätte auch ganz bestimmt den Elfer bekommen, sonst hätte es ellenlange Diskussionen gegeben. Aber warum ist das so? Woher kommen dieser und andere eklatante sportliche Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball? Nun, da muss ich jetzt ein bisschen ausholen…


Sicher, Neymar ist an dieser Stelle ein Paradebeispiel und in den verschiedenen europäischen Ligen und unter Fußballfans berühmt-berüchtigt dafür, in solchen Situationen gerne auch mal etwas zu übertreiben. Wirklich verdenken kann man es ihm jedoch nicht, denn es funktioniert ja. Eine kleine Showeinlage beim Foul hat schon für so manche Entscheidung gesorgt, die ansonsten anders ausgefallen wäre. Solche Übertreibungen gehören zum Tagesgeschäft im Profifußball, aus dem einfachen Grund, dass sie einen Vorteil bringen können. Aber warum ist das im Frauenfußball deutlich weniger verbreitet und beinahe verpönt? Nun, die Spielerinnen haben an dieser Stelle ein ganz anderes Verständnis von Sportlichkeit und Fairness. Übertrieben wird nicht, wenn ein Foul nicht so schlimm oder sogar gar keins war, dann steht die Spielerin einfach schnell wieder auf und weiter geht es. Und dieser Umstand ist sogar wissenschaftlich belegt, denn eine Studie der TU München fand heraus, dass die Männer im deutschen Fußball durchschnittlich 30 Sekunden länger liegen bleiben als ihre Kolleginnen. Dazu ein sehr passendes Zitat von Giulia Gwinn vom FC Bayern München: „Wir stehen für ehrlichen Fußball, gehen fair miteinander um, greifen die Schiedsrichterin nicht an. Wenn mal eine Spielerin gefoult wird und es nicht so schlimm war, dann steht sie schnell wieder auf. Das unterscheidet uns vom Männer-Fußball.“


Das „schwächere Geschlecht“, wie die Damenwelt so oft genannt wird, ist in diesem so körperbetonten Sport also scheinbar deutlich robuster unterwegs, vor allem weil sie einfach eines wollen – Fußball spielen. Rumliegen können sie schließlich auch auf der heimischen Couch.

Das spart Energie, ebenso wie ein Vermeiden der hitzigen Diskussionen mit dem oder der Unparteiischen, die im Normalfall keinerlei positiven Effekt haben und maximal eine gelbe Karte fürs Meckern einbringen. Diese Diskussionen sind im Frauenfußball deutlich seltener. Ebenso selten spielen unsere Kickerinnen außerdem auf Zeit – etwas, was im Männerfußball inzwischen zum guten Ton gehört.


Wenn man sich ein Spiel der Frauenbundesliga ansieht erkennt man inzwischen zwar viele Spielstile aus den ganz großen Topclubs Europas wieder, die schlechten Angewohnheiten haben die Frauen aber bislang noch nicht adaptiert – hoffentlich bleibt das so, schließlich will man Fußball gucken und keinen Debattierwettbewerb. Daher auch meine Empfehlung an alle, die einfach nur Fußball sehen wollen: Schaut euch die Frauenbundesliga an! Hier geht’s nur um den Sport.


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