Fritzy Kromp: "Du musst besondere Wege gehen, wenn Du oben landen willst"

Johanna Grimm • 20. Mai 2021

Mein Weg zur Profifußballerin – Teil 2:

Exklusive Einblicke mit der DFB U17-Trainerin

Fritzy Kromp (re.) mit Martina Voss-Tecklenburg beim Training gemeinsam mit Britta Carlson (li.) und der Nationalspielerin Sophia Kleinherne.

ⒸDFB/Thomas Böcker

In der Schockstarre der Corona-Zeit. Der Ball ruht. Der Platz ist leer. Die Spielerinnen fehlen. Das letzte Jahr war eines der schwierigsten für alle, egal in welcher Sportart, Berufsgruppe oder sonstigen Lebensbereichen. Es ist ein schlimmes Gefühl, den geliebten Fußball nicht ausüben zu können. Es fehlen die täglichen persönlichen Momente mit Freunden und Freundinnen oder den Mitspielerinnen, die abwechslungsreichen Herausforderungen auf dem Fußballplatz und die prägenden Momente des gemeinsamen Verlierens und Siegens. Es fehlt uns allen.

Und auch den Juniorinnen beim Deutschen Fußball Bund (DFB) macht die Corona-Pandemie einen gewaltigen Strich durch die Rechnung.


Wir wissen nun, dass es kein Rezept und idealen Weg zur Profifußballerin gibt. Beim DFB, den Verbänden und den Vereinen wird jedoch täglich intensiv viel getan, um die jungen Spielerinnen auf eine erfolgreiche und professionelle Fußballkarriere vorzubereiten.

Wir haben gelernt, dass vor allem die Rückschläge und schwierige Situationen dazugehören, um stetig zu wachsen und über die eigenen Grenzen hinauszugehen.

Doch wie gehen der DFB, die Trainer*innen und vor allem die Spielerinnen mit der Corona-Krise um? Fritzy Kromp kennt Tipps und Tricks, was es gerade in einer solchen Zeit, in der der Ball ruht und die Plätze leer bleiben, braucht, um weiterhin für den Fußball zu brennen.


Im zweiten Teil des Interviews mit Fritzy Kromp, der Trainerin der U 17-Juniorinnen beim DFB, konzentrieren wir uns auf die Juniorinnen, die Frauen-Nationalmannschaft und die Bedeutung der Nachwuchsleistungszentren für den deutschen Frauenfußball.

Fritzy Kromp im Exklusiv-Interview: Nachwuchsarbeit beim DFB

Flankengöttinnen (FG): Fritzy, gerade in der Coronakrise ist es sehr schwierig für die Spielerinnen, fit und am Ball zu bleiben. Wie managed das der DFB und du auch ganz persönlich?


Fritzy Kromp (FK): Es ist seit einem Jahr eine große Herausforderung. Wir versuchen, die Spielerinnen in verschiedenen Phasen so gut es geht zu betreuen. Die Zeit nach der Absage der internationalen Turniere war für alle Spielerinnen und Trainerinnen der U-Mannschaften eine große Herausforderung. Es war ein ständiges Hoffen, eine Hängepartie. Wir hatten täglich Online-Training, Gespräche mit Teampsycholog*innen oder Physio- und Athletik-Einheiten. Dadurch hatten wir etwas, woran wir festhalten und die Anfangszeit der Corona-Pandemie  gemeinsam durchstehen konnten.

Inzwischen haben wir das Online-Training eingestellt, weil alle Spielerinnen in den Vereinen inzwischen wieder auf den Platz zurückkehren konnten. Wir haben in der gesamten Phase immer wieder neue kreative Lösungen gebraucht, mussten uns immer wieder an die neuen Situationen anpassen. ,


FG: Wie sehr wird man merken, dass den jungen Spielerinnen ein Jahr fehlt?


FK: Wir werden es deutlich merken, weil es ein unglaublich wichtiges Jahr in der Entwicklung der Spielerinnen ist. Das Trainingsniveau und die Häufigkeit sowie der Wettbewerb fehlen den Spielerinnen. Es kommt eine große Herausforderung auf uns zu. Es muss neue Zielsetzungen geben. Aber am wichtigsten ist, dass wir den Spielerinnen Zeit geben wieder in den Rhythmus zu kommen.

Fritzy Kromp: "Wir müssen noch mehr Vielfalt leben. Überall."

FG: Kommen wir zu den Nachwuchsleistungszentren (NLZ). Wie wichtig ist die Entwicklung des Vereins und der NLZs für den persönlichen Werdegang der Spielerinnen, auch in finanzieller Hinsicht? 


FG: Wichtig wäre, dort mehr zu investieren. Ein tolles Beispiel ist der FC Ingolstadt. Der Verein startet gerade ein Projekt, in dem Juniorinnen in alle Teams integriert werden und Jungs und Mädels zusammenspielen. Wir denken immer, das hilft nur den Juniorinnen, aber die Erfahrung zeigt:  Das hat auch für die Jungs, die Vereinsführung und die Trainer*innen einen Mehrwert. Die Erfahrung zeigt, dass die gemischten Trainingsgruppen einen positiven Effekt auf das Miteinander, die Kommunikation und das gesamte Trainings- und Lernklima haben. Es können also ALLE davon profitieren.

Wir müssen noch mehr Vielfalt leben. Überall. Auf und neben dem Fußballplatz auch in Aktionen, die über eine Regenbogen-Armbinde oder -Eckfahnen hinausgehen.  

 

FG: Wenn wir nun Jungs und Mädels zusammenspielen lassen. Liegt dort der Schlüssel zum erfolgreichen Frauenfußball?


FK: Definitiv. Wir müssen die Parallelstrukturen aufbrechen. Jungs und Mädels müssen so lange wie möglich zusammenspielen können. Die Wichtigkeit, Mädels mehr zu fördern muss ankommen, die Strukturen, wie die NLZs, sind bereits vorhanden. Es muss mehr Bewusstsein bei den Entscheidungsträgern geschaffen werden: Der DFB hat  eine gesellschaftliche Verantwortung, nämlich Jungs UND Mädchen zu fördern.

Fitzy Kromp: "Sydney Lohmann war immer eine der besten"

FG: Wie wichtig ist es, dass Jungs und Mädels lange zusammenspielen?


FK: Die Erfahrung zeigt klar: Wenn du oben ankommen willst, musst du besondere Wege gehen. Das perfekte Beispiel ist Sydney Lohmann. Sie wäre in einer Mädchenmannschaft nicht gefordert gewesen und hätte den Spaß am Fußball verloren. Ich kann mich noch an ihre Spiele erinnern, als wäre es gestern gewesen. Bei den gleichaltrigen Jungs war sie immer eine der besten. Sie hat den üblichen Weg der Talentförderung beschritten. Über den DFB-Stützpunkt und die Regionalauswahl kam sie im Alter von 12 Jahren zu uns in die Landesauswahl des Bayerischen Fußball-Verbandes. Mit 16 hat sie den Schritt vom leistungsorientierten Juniorenverein SC Fürstenfeldbruck zum FC Bayern München in die Frauenabteilung gemacht. Ihr alltägliches Trainingsniveau war also durchgängig leistungsorientiert und fordernd für Sydney. In der Landesauswahl haben wir sie beispielsweise  auch mit bis zu zwei Jahre älteren gefordert, da wir gesehen haben, dass sie es kann aber auch braucht.

Für die Spielerinnen ist ein gutes Trainingsniveau wichtig. Talent ist das eine, aber es braucht auch gute Trainingsbedingungen. Das Umfeld muss so sein, dass das Talent gefördert UND gefordert wird, am besten täglich. Da aber bei den Spielerinnen die Masse und somit die Konkurrenz fehlt, langt es nicht, sich täglich mit gleichaltrigen im Heimatverein zu messen, wenn man in die Leistungsspitze will. Deswegen sind so viele Top-Talente im Frauenfußball auch diesen Weg gegangen.


FG: Wir haben Absagen und Verschiebungen von internationalen Turnieren erlebt. Wie wichtig sind die Turniere für den Nachwuchs und den deutschen sowie europäischen Frauenfußball?


FK: Diese Turniere sind unglaublich wichtig. Die Spielerinnen entwickeln sich nicht nur fußballerisch, sondern auch persönlich weiter. Das sind wichtige Meilensteine in der Entwicklung ihrer noch jungen Karrieren. Gerade Europa- und Weltmeisterschaften sind besondere Erfahrungen. Profispielerinnen berichten mir heute, dass diese Ereignisse sie das entscheidende Stück weitergebracht haben und für sie wie eine Art Booster war, denn die Perspektiven und Eindrücke prägen die Spielerinnen. Vor allem die Kultur, die sie dabei kennenlernen. Du siehst dort, was möglich ist, kannst auf der großen Bühne spielen und dich mit den besten Spielerinnen der Welt messen. Das motiviert ungemein, im Alltag nochmal mehr für die großen Ziele zu investieren. 

Fritzy Kromp über die Zusammenarbeit mit der Bundestrainerin

FG: Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit der Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und die enge Verzweigung der U-Mannschaften?


FG: Martina und ihr gesamtes Trainer*innenteam bringen  sich überall sehr stark ein. Sie schauen zum Beispiel im Trainingslager vorbei, um alle kennenzulernen und besuchen, wann immer möglich, auch Länderspiele oder Turniere. Der regelmäßige Austausch unter uns Trainer*innen ist insgesamt sehr eng und sehr gut, das ist ein gelebtes Miteinander und es macht daher viel Spaß, gemeinsam im Team zu arbeiten.

Mein Weg zur Profifußballerin – Teil 2

Vielen Dank an Fritzy für die tollen Einblicke, spannenden Sichtweisen und guten Ausblicke zum Frauenfußball in Deutschland.

Fritzy Kromp gibt demnächst ein Live-Interview auf unserem Instagram-Kanal @flankengoettinnen. Unbedingt einschalten!

Im Live-Interview gehen wir verstärkt auf den Frauenfußball in Deutschland ein und stellen Analysen. Wie geht es dem Frauenfußball in Deutschland? Welche Veränderungen müssen her? Was wird bereits getan? Wie weit hat das Ausland Deutschland inzwischen überholt?

Zudem könnt auch ihr Eure Fragen an Fritzy selbst stellen. Schickt sie uns im Vorhinein oder fragt live während des Interviews!

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